Dalton Trail
Warum? - hatten wir uns gefragt, sollten wir nicht versuchen, ein Stück jenes Trails zu wandern der mit zu den ältesten West Kanadas gehört, einen jener uralten
Handelswege zwischen Pazifik und dem Yukongebiet. Auf dem die Ureinwohner schon lang vor der Ankunft des weisen Mannes Waren und Tauschgüter transportierten, auf dem Packpferdtrecks, Goldsucher
und zum Schluss Rinderherden zogen.
Doch die Frage war, kann man nach hundert Jahren überhaupt noch diesen Weg finden?
Ein Rauschen drängte sich plötzlich auf. Es wurde lauter, kam immer näher ans Camp. Alle blickten nach oben, um zu erkennen von wo der Regenschauer über uns hinweg
ziehen würde. Doch wir wurden nur Zeuge, keine Opfer einer jener Szenen, die wohl zu den schönsten Schauspielen der Natur gehören. Wie die Kulisse einer Theaterbühne schob sich die Regenwand
hautnah am Camp vorbei, nicht einen Tropfen bekamen wir ab obwohl nur wenige Meter neben uns das Wasser auf den Blättern der Büsche trommelte. Die Tropfen erinnerten an auf einer Schnur gezogene
Perlen und die tiefstehende Sonne ließ sie wie Diamanten glitzern. Doch der Schauer hielt nur kurz an, immer weiter entfernte sich sein Geräusch und hinterließ neben uns frisch gewaschenes Grün.
Nur vereinzelt hörte man noch Tropfen von den Blättern fallen und ein frischer, kühler Hauch streifte unser Camp.
Jeder hing wieder seinen eigenen Gedanken nach, überwältigt von dem soeben erlebten.
„Da kommt etwas“ gelangweilt durchschnitten jene Worte diese eben wieder gewonnene, so wohltuende Stille. Alle Blicke fielen auf Klaus, der uns mit einer
leichten Kopfbewegung in Richtung Trail verwies. Blitzschnell stand jeder senkrecht um den Blick in jene Richtung, frei über das Gesträuch, schweifen zu lassen.
„Wo ist etwas?“
„Ich weiß nicht, soeben sah es so aus. Irgendetwas bewegte sich den Trail entlang.“
„Ich sehe nichts bist du sicher, dass du kein Wasser aus dem Bach … - Da! . . . verdammt noch mal da kommt etwas!“
Der Trail war nur etwa Zwanzig Meter einsehbar, danach schlängelte er sich durch niedriges Gestrüpp.
In gleichmäßigem Rhythmus tauchte immer etwas dunkelbraunes, fast schon schwarzes über dem grün der Büsche auf und kam unaufhaltsam auf uns zu.
Da keiner von uns diese Situation so richtig einordnen konnte, blieben wir einfach stehen und starrten auf das, was da auf uns zukam.
„Ach du Schei… - ein Büffel.“
Gemütlich kam der Bulle den Trail entlang und erst als er auf dieser kurzen Geraden einbog blieb er stehen um diese Situation zu beäugen. Viel Platz hatten wir ihm
nicht gelassen.
Obwohl unser Feuer am Rande des Weges brannte, war ein großer Teil durch eine Plane, die wir über einen dünnen Stamm gespannt hatten blockiert. Sie sollte uns vor
den immer wieder plötzlich auftretenden Regenschauern schützen. Doch nun blieben für ihn nur noch wenige Meter übrig um vorbei zu kommen.
Plötzlich setzte sich dieses massige Tier wieder in Bewegung und kam gelassenen Schrittes auf uns zu. Ich kann wirklich nicht sagen, was meine Begleiter nun taten,
zu sehr war ich mit meinen eigenen Emotionen beschäftigt. Instinktiv machten wir Platz, drückten uns in das Gestrüpp welches sich heftig wehrte unsere Körper aufzunehmen.
Mit zitternden Fingern wuselte ich meinen Foto hervor und knipste einfach drauf los, doch nur wenige Bilder waren zu gebrauchen. Wer schon einmal im Zoo einen Bison
aus kurzer Distanz gesehen hat, kann sich etwas, aber wirklich nur etwas in diese Situation hineinversetzen – bei uns fehlte nur das beruhigend schützende Gitter. . .